Technische Tipps gegen digitale Gewalt
Digitale Selbstbestimmung stärken
Einige (aber nicht alle) Formen digitaler Gewalt, besonders in Fällen von häuslicher Gewalt oder Gewalt durch intime Partner, können durch IT-Sicherheitsmaßnahmen verhindert oder eingedämmt werden. Digitale Gewalt passiert häufig im privaten Umfeld, besonders in Trennungssituationen. In diesen Momenten ist es besonders wichtig, nicht nur emotional und physisch Abstand zu gewinnen, sondern auch digital eine Trennung vorzunehmen. Das bedeutet, die Kontrolle über die eigenen Geräte, Online-Konten und Identitäten zu behalten oder zurückzugewinnen, um die eigene digitale Selbstbestimmung zu schützen.
Wir geben Ihnen Tipps, wie Sie Ihre Geräte und Online-Konten absichern können, um sich vor digitaler Gewalt zu schützen und Ihre Privatsphäre zu wahren.
Schritte zur digitalen Trennung
In Familien, Beziehungen, Lebens- oder Wohngemeinschaften ist es oft üblich, dass Informationstechnik wie PCs, Laptops, Tablets, Router, WLAN, Smarthome-Geräte, digitale Sprachassistenten oder auch Streamingdienste, Clouds oder bestimmte Apps (z.B. zur Planung des Familienalltags) gemeinsam genutzt und die dafür benötigten Zugangsdaten zwischen den Beteiligten geteilt werden.
Im Falle einer Trennung oder eines Auszugs aus dem gemeinsamen Wohnraum ist es wichtig, auch eine digitale Trennung zu vollziehen - insbesondere dann, wenn zwar eine Trennung in der Beziehung, jedoch keine räumliche Trennung stattgefunden hat. In diesem Fall besteht – zumindest potentiell – das Risiko des unerwünschten physischen Zugriffs auf die eigenen Geräte durch die andere Person und damit auch unmittelbar auf die installierten Apps und Programme, Accounts, Zugangsdaten und Passwörter.

Für die digitale Trennung ist es hilfreich, eine Liste aller Geräte und Accounts zu erstellen, auf die Sie Zugriff haben, und dabei auch auf die kleinsten Details zu achten – wie zum Beispiel Essensliefer-Apps, Streaming-Accounts, Tierortungssysteme, Airtags oder sogar digital unterstützte Autos mit verbundenen Apps. All diese Dinge könnten – wenn sie mit einem Partner geteilt oder verknüpft werden – Informationen über Ihre Gewohnheiten, Ihren Standort und Ihre Muster verraten.
Im Folgenden erklären wir Ihnen, worauf Sie bei der digitalen Trennung noch achten sollten.
Schutz Ihrer Online-Accounts
Ihre Online-Konten und digitalen Identitäten können ein Einfallstor für Angriffe und digitale Gewalt sein. Zum Beispiel indem jemand Drittes durch Zugriff auf Ihren Google- oder Amazon-Account Ihre Smarthome-Geräte aus der Ferne steuert oder Ihre Aktivitäten beobachtet, mitliest oder mithört. Daher sollten Sie diese vor Fremdzugriff und Missbrauch schützen.
Machen Sie sich zunächst bewusst, welche Online-Konten Sie auf verschiedenen Plattformen haben. Denken Sie dabei neben Ihrer E-Mail-Adresse, Ihren Social-Media-Accounts und Messengern, auch an Ihre Konten für Online- oder Mobilebanking, Onlineshops, Streamingdienste, Gaming und intelligente Haushaltsgeräte (z.B. intelligente Lautsprecher, Saugroboter o.ä.).
Auch Clouddienste sowie die Accounts, die Sie für die Nutzung von Smartphone, Tablet oder PC benötigen (z.B. Google-Account, AppleID oder Microsoft-Konto), sollten Sie berücksichtigen.
Sofern Sie die Zugangsdaten (Benutzername und Passwörter) für diese Dienste bewusst mit Dritten geteilt haben (z.B. Ihrem (Ex-)Partner oder Ihrer (Ex-)Partnerin, Eltern, Kindern, Mitbewohnern o.ä.) oder diese Personen die Möglichkeit hatten, Ihre Zugangsdaten zu erraten oder in Erfahrung zu bringen, sollten Sie die Passwörter umgehend ändern.
Verwenden Sie für jeden Ihrer Online-Accounts ein eigenes, sicheres Passwort, vor allem für Ihre zentrale E-Mail-Adresse, die mit all diesen Accounts verbunden ist. Um sich verschiedene Passwörter Ihrer Geräte und Accounts merken zu können, empfehlen wir die Verwendung eines Passwort-Managers oder Passwort-Merkblatts. Nutzen Sie – wann immer möglich – die Zwei-Faktor-Authentisierung sowie die passwortlose Authentifizierung mittels Passkeys, bei der Sie sich keine (komplexen) Passwörter mehr merken müssen.

Hier finden Sie weitere Tipps, wie Sie Ihre Online-Accounts absichern können sowie zur Zwei-Faktor-Authentisierung.
Berechtigungen prüfen
Viele Apps und Programme, z.B. auf Ihrem Smartphone, benötigen Berechtigungen für den Zugriff auf Ihre Kamera, das Mikrofon, Ihre Kontakte oder Ihren Standort, um wie gewünscht zu funktionieren. Darüber hinaus gibt es viele Smarthome-Geräte, z.B. Türklingeln oder digitale Sprachassistenten, auf die über entsprechende Apps oder mit den Geräten verknüpfte Accounts (z.B. bei Google oder Amazon) aus der Ferne zugegriffen werden kann.

Was im normalen Alltag ein Gewinn an Komfort ist, kann in Trennungssituationen oder Fällen von digitaler Gewalt zu einem bedrohlichen Szenario werden. Zum Beispiel eine App, die Ihren Standort in Echtzeit teilt.
Erteilen Sie Apps und Programmen daher nur die Berechtigungen, die diese unbedingt benötigen. Im Zweifelsfall geben Sie so weniger Informationen über sich preis, die Dritte gegen Sie verwenden können.
Gleiches gilt auch für die Privatsphäre- und Datenschutzeinstellungen Ihrer Accounts in den sozialen Netzwerken oder auf anderen Plattformen. Auch hier können Sie auswählen, wer welche Informationen, Beiträge oder Bilder von Ihnen sehen, lesen oder teilen darf oder auch, wer Ihnen Kontaktanfragen senden darf.
Überprüfen Sie regelmäßig oder anlassbezogen, welche personenbezogenen Daten (z.B. Adresse, Geburtstag, Fotos, Videos, Standort, Hobbys, Vorlieben etc.) Sie teilen. Berücksichtigen Sie dabei unter anderem Online-Plattformen (z.B. Dating-Plattformen, Social Media), Messengerdienste, Blogs, Foren und möglicherweise auch Rezensionen auf Shoppingplattformen.
Stellen Sie sicher, dass die Berechtigungen und Privatsphäre-Einstellungen so sind, dass diese Ihren Vorstellungen und Ihrem persönlichen Sicherheitsbedürfnis entsprechen. Teilen Sie nur das, was Sie auch wirklich teilen wollen.
In unserer Broschüre zu sozialen Netzwerken erfahren Sie, wie Sie soziale Netzwerke sicher nutzen können.
Außerdem gibt das BSI weitere Tipps zum sicheren Umgang mit sozialen Netzwerken und deren Sicherheitseinstellungen.
Heimnetzwerk absichern
Neben Ihren Online-Konten sollten Sie – besonders wenn Sie viele „smarte“ IoT-Geräte besitzen – auch Ihr Heimnetzwerk absichern, insbesondere Ihren Router und Ihr WLAN. So können Sie die Kontrolle darüber (zurück-)gewinnen und verhindern, dass Sie aus dem eigenen Netzwerk ausgesperrt oder in diesem ausgespäht werden. Das kann zum Beispiel passieren, wenn Dritte Ihre Router- oder WLAN-Zugangsdaten ändern.
In unserer Broschüre „Basisschutz für den Router“ finden Sie 8 Tipps für ein sicheres Heimnetzwerk.
Auf unseren Webseiten finden Sie weitere Tipps, wie Sie Ihren Router und Ihr WLAN sicher einrichten sowie Sicherheitstipps im privaten und öffentlichen WLAN.

Zugriffsschutz für Ihre Geräte
Um zu verhindern, dass jemand ungewollt Zugriff auf eines Ihrer IT-Geräte und die darauf gespeicherten Zugangsdaten oder Passkeys hat, sollten Sie Ihre Geräte beim Start mit einem Zugriffsschutz versehen. Das kann ein sicheres Passwort, ein Fingerabdruck oder eine PIN-Abfrage sein. Achten Sie darauf, dass auch Menschen, die Ihnen nahestehen (oder standen) und Details aus Ihrem Privatleben kennen, diese nicht erraten, ausspähen oder herleiten können.
Das BSI hat Tipps für sichere Passwörter und deren Handhabung zusammengestellt.
Lassen Sie Ihr Gerät in unsicheren Umgebungen nicht unbeaufsichtigt und ohne Geräteschutz liegen. Ein Sperrbildschirm ohne Sperrcode ermöglicht, dass Dritte sich unbefugt und unbemerkt Zugang zum Gerät verschaffen können.
Zudem ist es ratsam, Schnittstellen, wie Bluetooth, WLAN, NFC und den Standort nur dann zu aktivieren, wenn Sie diese gerade benötigen. Auf diese Weise reduzieren Sie das Risiko, ungewollt Informationen über sich gegenüber Dritten preiszugeben.
Für Hardwareschnittstellen wie USB gilt, dass Sie Ihr Gerät zum Aufladen oder zum Übertragen von Dateien nur an andere Geräte anschließen sollten, deren Besitzerinnen oder Besitzern Sie vertrauen, da auf diesem Weg unerwünschte Software (z.B. zur Überwachung oder Spionage) auf Ihr Gerät gelangen könnte.
Überprüfung und Bereinigung von Geräten
Leider kommt es im Bereich der digitalen Gewalt immer wieder vor, dass Täterinnen und Täter auf den Geräten der Betroffenen, z.B. auf deren Smartphone, ohne deren Wissen und Zustimmung Software oder Apps zur Überwachung und Kontrolle installieren.
Auch Apps und Funktionen wie das „Wo ist?“-Netzwerk, die „Find my Phone“- oder „Family Link“-Funktionen von Google- oder Apple-Geräten oder auch Apps zur Standortüberwachung von Kindern, d.h. zum Kinderschutz, werden teilweise missbraucht, um unerlaubt den Standort einer Person zu bestimmen oder Nachrichten mitzulesen.
Die unerlaubte Überwachung und Verfolgung von Personen (Stalking) ist in Deutschland strafbar. Wenden Sie sich daher in solchen Fällen an die Polizei und erstatten Sie Anzeige.
Es kann außerdem hilfreich sein, vor einer Neuinstallation, dem Zurücksetzen oder Austausch des betroffenen Geräts Beweise zu sichern oder durch die Polizei sichern zu lassen, da diese sonst vernichtet werden.
In unserem Cybersicherheits-Lotsen finden Sie weitere Stellen, an die Sie sich bei Betroffenheit von digitaler Gewalt wenden können.
Der Cybersicherheits-Lotse ist eine Orientierungshilfe für Verbraucherinnen und Verbraucher, die gezielt und über das Informations- und Beratungsangebot des BSI hinausgehend zu weiteren Akteuren im Digitalen Verbraucherschutz und deren Unterstützungsangeboten vermittelt. Wenn Sie uns Feedback zu unserem neuen Tool geben möchten, hier geht es zu einer kurzen Umfrage.
