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5.5 Kontinuitätsstrategien auswählen

Es ist nicht immer einfach, verlässliche Zahlen für die Aufstellung der Kosten und Nutzen zu bestimmen. So gibt es auch in vielen Fällen Lösungen, bei denen Kosten oder auch Nutzen nicht nur der Notfall-Lösung zuzuordnen sind. Daher sollte diese Betrachtung nicht die alleinige Grundlage für die Auswahl einer Kontinuitätsstrategie sein.

Die Rahmenbedingungen für die Institutionen ändern sich ständig. Daher müssen auch die Kontinuitätsstrategien regelmäßig überarbeitet und Alternativen neu bewertet werden.

Überlegen Sie, welche bereits vorhandene Infrastruktur auch für die Fortführung von Prozessen in Notfällen genutzt werden kann. Gibt es einen zweiten Standort, bei dem die Produktion schnell ausgeweitet werden könnte? Vielleicht ist es sinnvoll, einen zweiten Verwaltungsstandort aufzubauen. Dies würde die Nähe zum Kunden erhöhen und damit die Bindung der Kunden an ein Unternehmen stärken. Dies könnte nicht nur vorteilhaft für die Notfallvorsorge sein, sondern könnte auch die Marktchancen des Unternehmens stärken.

Beispiel 1: Prozess "Fertigung Endprodukte"

Die Verantwortlichen der RECPLAST GmbH wägen ab, ob ein zweiter Produktionsstandort aufgebaut werden sollte. Dies würde für den kritischen Prozess "Fertigung Endprodukte" eine risikoarme Notfallstrategie bedeuten. Wegen der hohen Kosten wurde jedoch davon zunächst abgesehen. Es wurde beschlossen, diese Option jedoch langfristig im Auge zu behalten und entsprechende Rücklagen zu bilden, da ein zweiter Produktionsstandort zum einen die Chance bietet, sehr flexibel auf Erhöhungen der Nachfrage reagieren zu können, zum anderen die Ausweitung der Produktion auch neue Produkte und höhere Umsätze ermöglichen kann. Vorläufig entschieden sich die Verantwortlichen daher für die Minimallösung zur Absicherung der Fertigung der Endprodukte zu wählen, nämlich eine Lösung über eine Produktionsausfallversicherung. Die gegenüber den Strategien S2 und S3 erzielte Kostenersparnis sollte zumindest teilweise in entsprechende Rücklagen einfließen. Die Entscheidung für eine Minimallösung entsprach im Übrigen auch dem in der Leitlinie zum Notfallmanagement des Unternehmens festgelegten Grundsatz zur Wahl wirtschaftlicher, an den begrenzten Möglichkeiten des Unternehmens orientierter Notfallstrategien.

Beispiel 2: Prozess "Server-Betrieb"

Bei der Unternehmens-IT sah man hingegen aufgrund der vorhandenen beiden Standorte vergleichsweise einfach umzusetzende Möglichkeiten für eine bessere Absicherung, zum Beispiel durch die redundante Bereitstellung wichtiger Server. Der Leiter der IT-Abteilung wurde daher beauftragt, entsprechende Konzepte zur Absicherung der Prozesse "IT-Wartung" und "Server-Betrieb" zu entwickeln.

Für den Prozess „Server-Betrieb“ bedeutete dies beispielsweise, alle wichtigen Server an beiden Standorten vorrätig zu halten, so dass bei Ausfall eines Standorts der jeweils andere die erforderlichen IT-Leistungen bereitstellen kann. Für eine solche Lösung wurden drei Varianten überlegt:

  • "Cold Standby", die billigste Lösung: Die erforderliche Hardware und Software muss am zweiten Standort noch beschafft und in Betrieb genommen werden. Der dafür erforderliche zeitliche Aufwand wurde auf zwei Wochen geschätzt.
  • "Warm Standby", die mittlere Lösung: Die Hardware ist am zweiten Standort bereits vorhanden, ebenso alle Software, deren Installation einen höheren Aufwand erfordert. Im Notfall müssen lediglich einfach zu installierende Software sowie Datenbestände eingespielt werden. Der zeitliche Aufwand für diese Lösung wurde mit zwei Tagen kalkuliert.
  • "Hot Standby", die teuerste, aber im Notfall auch schnellste Lösung: Alle Server werden parallel betrieben, so dass im Notfall binnen weniger Stunden der Normalbetrieb dieser IT-Systeme wiederhergestellt werden kann.

Die Zuständigen der RECPLAST GmbH entschieden sich für die zweite Lösung ("Warm Standby"), da diese – anders als ein "Cold Standby" – den Wiederanlaufzielen der Prozesse genügt, gleichzeitig aber auch kostengünstiger ist als ein "Hot Standby", da zwar Kosten für Hardware und Softwarelizenzen entstehen, aber weitaus geringere Personalaufwände als bei der großen Lösung.